Dieser Artikel ist erschienen in: BSO-Journal, Mai 2011
In der Intervision kommen Beraterinnen und Berater in regionalen, zielgruppenspezifischen und doch möglichst heterogenen Gruppen zusammen. Intervision kann dabei nach Kriterien und Indikatoren strukturiert sein, sie kann aber auch generativ und kreativ lebendig gestaltet werden. Dies zeigt die folgende methodische Auswahl.
Intervision bedingt Offenheit und Wertschätzung, die Bereitschaft zur Kooperation sowie ein von gegenseitiger Akzeptanz und Vertrauen geprägtes Klima. Die grundsätzlichen gemeinsamen Ziele der Intervision und ihre Grenzen sind geklärt. Die Mitglieder verständigen sich über ihre persönlichen Ziele, Erwartungen und Befürchtungen. Das Setting ist organisiert (Gruppengrösse, Ort, Termine und Zeitdauer, Präsenz und Leitung der Gruppe, Sitzungsgestaltung, Ein- und Austritte). Das Arbeitsprogramm der Gruppe hinsichtlich Ziele, Umfang, Aufgaben und Anspruch ist klar (Koordination und Terminabsprachen, Versenden von Beschlüssen, Zimmerreservationen, Moderation…). Informationswege, Informationspolitik und Datenschutz sind geregelt (Wo beginnt und wo endet die Vertraulichkeit? Vertraulichkeit und Diskretion müssen womöglich von Fall zu Fall neu geklärt werden). Wichtige Verhaltens- und Kommunikationsregeln wie Verbindlichkeit, Gesprächsregeln, Umgang mit Emotionen sind vereinbart.
Alle Teilnehmenden erzählen in kurzer Form, was sie an Themen, Fällen und Fragen mitbringen und was mit den Themen der vorangehenden Sitzung geschehen ist. Gemeinsam wird eine Situation gewählt oder eine Auswahl mehrerer Situationen getroffen. Kriterien können dabei sein: Was ist am dringlichsten, was interessiert am meisten, wer hatte schon lange keine Gelegenheit mehr o.ä.
Die Person, deren Situation gewählt wurde, erzählt möglichst spontan und ohne Unterbrechung durch die anderen.
Die Zuhörenden haben in einem ersten Schritt Gelegenheit, Informationsfragen zu stellen, die gesammelt und anschliessend beantwortet werden.
Im folgenden Prozess berichten alle Zuhörenden, was ihnen an der Erzählung aufgefallen ist. Die Person, die erzählt hat, darf nur zuhören. Die Äusserungen können sich auf die Art des Erzählens wie auch auf die Inhalte beziehen. In einer Variante identifizieren sich die Zuhörenden mit den verschiedenen am Problem beteiligten Rollen und legen dar, wie es ihnen an deren Stelle gehen würde.
Die Person, die erzählt hat, nimmt Stellung, sagt, wie sie die Situation jetzt sieht. Sie wird dabei nicht unterbrochen.
Danach folgen eine gemeinsame Definition des Problems und die Formulierung der eigentlichen Frage. Es werden gemeinsam verschiedene mögliche Lösungen gesucht.
Die Person, deren Situation besprochen wird, entscheidet sich für eine Lösung und konkretisiert ihr weiteres Vorgehen.
Zum Schluss berichten alle Zuhörenden, inwiefern die bearbeitete Situation sie etwas angeht.
Aus dem Referat Thomann, Geri/Brunner, Heinz: «Einführung in kollegiale Beratung in Gruppen» an der Kantonsschule Alpenquai Luzern vom 13.5.2009
Wie belastend, irritierend, unverständlich … ist die Situation für dich auf einer Skala von 0 bis 100?
Was ist dein Ziel für die Supervision dieses Falles und woran würdest du erkennen, dass du es erreicht hast? Angenommen, die Situation mit X würde so bleiben: Wer hätte welche Vorteile? Welche Auswirkungen hätte das?
Gibt es etwas, was zwischen dir und X läuft, was du von anderen Beziehungen/Begegnungen her kennst? Wann/unter welchen Bedingungen tritt das Problem nicht/kaum/weniger auf? Wann kannst du gut/effektiv mit X umgehen?
Angenommen, eines deiner fachlichen Vorbilder (eine erfahrene Kollegin/ein erfahrener Kollege) würde mit X arbeiten: Was würde sie/er anders machen? Welche zusätzlichen Ressourcen (Ideen und Information) hast du jetzt gewonnen? Wie könnten sie sich auswirken?
Wie schätzt du jetzt die Situation/das Problem auf der Skala von 0 bis 100 ein?
nach Brandau, Hannes/Schüers, Wolfgang (1995): Spiel- und Übungsbuch zur Supervision. Salzburg: Otto Müller.
nach Brandau, Hannes/Schüers, Wolfgang (1995): Spiel- und Übungsbuch zur Supervision. Salzburg: Otto Müller.
Innerhalb eines Teams (Zweier- oder Dreiergruppen) tauschen die Teilnehmenden Anliegen und Fragestellungen aus, mit denen sie momentan beschäftigt sind. Jedes Team einigt sich auf eine Fragestellung und präsentiert diese in visualisierter Form einem anderen Team. Dabei orientieren sie sich an folgenden Fragen: In welchen systemischen Kontext ist die Fragestellung eingebettet? In welchen exemplarischen Szenen zeigt sich das Problem? Welche Fragen und Gefühle begleiten den Akteur? Welches Ziel verfolgt die Akteurin?
Die zwei Teams empfangen die präsentierte Fragestellung und fragen so lange nach und klären, bis sie die Fragestellung zur weiteren Bearbeitung übernehmen können. Die Teams achten darauf, dass sie nicht in eine Diskussion geraten. Nach ca.15 Minuten wechseln die Teams die Seiten.
Die Teams ziehen sich mit dem ihnen anvertrauten Anliegen zurück, bearbeiten dieses und suchen nach einer Vielzahl von kreativen Impulsen und Lösungsperspektiven. Im gemeinsamen Brainstorming wird die Fragestellung umgedeutet und erweitert.
Die Teams treffen sich wieder und präsentieren nun ihrerseits während ca. 20 Minuten ihre Ideen, neuen Sichtweisen, Empfehlungen und Impulse.
Nach Fröhlich Luini, Elisabeth/Thomann, Geri (2004): Supervision und Beratung im Bildungsbereich, Bern: h.e.p.-verlag.
Kollegiale Beratung in Naturräumen eröffnet kreatives Potential und phänomenologische Bereicherung, verlangt aber Flexibilität und je nachdem logistischen Mehraufwand. Naturräume haben ein Eigenleben, sie können inspirieren oder ablenken, förderlich sein oder auch irritieren. Wenn sie bewusst gewählt werden, wirken sie auf ihre Weise oft unterstützend für das Anliegen.
Als erstes stellt sich die Frage nach dem Naturraum und ob es eher ein festgelegter Ort oder ein Weg sein soll. Ein mögliches Vorgehen ist, den Akteur oder die Akteurin bereits vorgängig zu bestimmen damit diese den Naturraum passend zu ihrem Anliegen selber wählen können. Es macht einen Unterschied, ob eine Frage auf einer Waldlichtung bearbeitet wird oder auf einem Hügel mit Weitblick.
Zur Unterstützung bieten sich womöglich Handlungsmetaphern an, etwa das gemeinsame Entfachen eines Feuers oder das Gestalten eines Bildes mit Naturmaterial. Durch körperliche Bewegung und gemeinsame Handlungen können Information und Inspiration zusätzlich zur Sprachebene einfliessen.
Es können verschiedene methodische Ansätze bei Intervisionssettings in der Natur zum Zug kommen. Von Kreativtechniken zur Visualisierung von Systemzusammenhängen bis zum Kochen einer gemeinsamen Lösungssuppe, bei der alle Mitglieder ihre Zutaten beimischen. Ein nützlicher Einstieg kann die Frage sein, was der Ort (oder Weg) und seine Qualitäten mit dem aktuellen Anliegen zu tun haben könnten und was sie an Lösungsansätzen oder Lösungsbildern bieten.
Aus dem Fundus von planoalto sowie nature&healing.
Nach einer Vorstellungsrunde der aktuellen Anliegen und der Auswahl einer Fragestellung stellt der Akteur oder die Akteurin die eigene Situation dar und wählt die Person, die die Moderation übernimmt. Die übrigen Gruppenmitglieder unterstützen den Prozess als «Lösungsassistierende».
Die Moderation und der Akteur sprechen etwa 3 – 4 Minuten über dessen Anliegen. Die Assistierenden hören zu.
Die Moderation lädt den Akteur dazu ein, dem Gespräch mit den Assistierenden zuzuhören und sich dabei körperlich abzuwenden, zum Beispiel indem er aus dem Fenster schaut. Moderation und Assistierende sprechen maximal 5 – 7 Minuten über das Anliegen des Akteurs. Dabei beginnt die Moderation mit folgender Frage: «Was habt ihr spontan für Ideen, Fantasien oder Gedanken, von denen ihr meint, dass sie für Person X hilfreich sind?» Die Moderation fungiert als «Ideen-Katalysator» und stellt Fragen wie: «Welche Ideen gibt es noch…?»
Die Moderation eröffnet die nächste Sequenz mit dem Akteur mit folgender Frage: «Was von dem Gehörten ging in die gewünschte Richtung?» Die Assistierenden hören zu und halten keinen Blickkontakt mit dem Akteur. Die Sequenz wird beendet mit der Frage: «Worüber sollte das Team jetzt sprechen, so dass es weiterhin in die gewünschte Richtung geht?» (insgesamt höchstens 5 Minuten), danach fährt die Moderation mit einem nächsten Gespräch mit den «Lösungsassistierenden» weiter.
Nach zwei bis drei Durchgängen leitet die Moderation die Abschlussphase ein, indem sie das Gespräch mit dem Akteur mit folgender Frage schliesst: «Auf einer Skala von 1 bis 10 steht 1 dafür, dass dein Anliegen bisher minimal und 10 dafür, dass dein Anliegen bisher maximal gehandelt wurde. Wo stehen wir jetzt? Reicht dir das zum gegenwärtigen Zeitpunkt oder wäre eine weitere Runde nützlich?» Und falls ja: «Worüber sollte das Team sprechen, damit wir einen Schritt weiterkommen?» Allenfalls folgt nun eine letzte Runde, ansonsten rundet die Moderation die Fallbearbeitung ab.
Nach Vogt-Hillmann, Manfred/Eberling, Wolfgang/Dahm, Michael/Dreesen, Heinrich (Hrsg.) (2000): Gelöst und los. Systemisch-lösungsorientierte Perspektiven in Supervision und Organisationsberatung. Dortmund: Modernes Lernen.
Information und Orientierung (ca. 20 Min.)
Der Akteur oder die Akteurin präsentiert die eigene Situation sowie möglichst viele Einflussfaktoren und deren Vernetzung. Die Person gestaltet die strukturellen Zusammenhänge bildhaft und nutzt Metaphern und Symbole. Die Gruppe ist unterteilt in eine Moderation, eine Prozessbeobachterin und allenfalls einen Protokollführer; die übrigen Gruppenmitglieder fungieren als Coaches. In dieser Phase stellen die Coaches offene W-Fragen zum Verständnis.
Konferenz der Coaches (ca. 30 Min.)
Die Akteurin hört in dieser Phase nur zu. Die Coaches sammeln und visualisieren, was sie gehört, gesehen und gefühlt haben und äussern ihre Wahrnehmungen in Ich-Botschaften. Sie sprechen so offen und ehrlich wie möglich und vermeiden Diskussionen. Aus dem Material verdichten sie das Schlüsselthema, das den Kern der Situation und der persönlichen Potentialerweiterung darstellt. Sie spitzen dieses Schlüsselthema zielorientiert und machbar, herausfordernd und motivierend zu.
Suche nach Entwicklungsmöglichkeiten (ca. 10 Min.)
Brainstorming der Coaches. Die Entwicklungsideen werden nicht gewichtet, sondern der Akteurin übergeben. Diese entwickelt auf der Grundlage dieser Schilderungen zu einem späteren Zeitpunkt ausserhalb der Gruppe einen persönlichen Handlungsplan.
Prozessreflexion (ca. 10 Min.)
Die Prozessbeobachterin übernimmt die Leitung der Gruppe und berichtet über ihre Eindrücke zur Arbeitsweise. Dieses Feedback wird nicht diskutiert, sondern als subjektive Wahrnehmung akzeptiert. Auch die Coaches können ihr subjektives Prozesserleben der Gruppe mit Ich-Aussagen zurückmelden.
Nach Schley, Wilfried/Rowold, Gerd (1998) In: Journal für Schulentwicklung, Heft 4/1998.